„Madagaskar – Tropical Dream“ steht auf einem Duschgel, das ich letztens geschenkt bekommen habe. Es verspricht „zum Träumen“ einzuladen und „tropische Sinnesfreuden“. Auf der Packung locken großblättrige Pflanzen, es duftet nach Kokos und Vanille, das Kopfkino fügt wiegende Palmen und ein zartes Wellenrauschen hinzu, wie schön. Ich spule mal ein Stück zurück…

Besucher

Im Bungalow in Toamasina klettert mir ein Skolopender, ein Hundertfüßer, aus dem Abfluss entgegen. Das erste Beinpaar der Hundertfüßer ist zu sogenannten Giftklauen umgewandelt und die Mundwerkzeuge sind sehr kräftig. Besser, es nicht auf einen schmerzhaften Kontakt anzulegen. Ich stelle einen neuen Rekord im Blitzduschen auf. Länger hätte ich eh nicht unter der Brause bleiben können, denn das Wasser fließt nicht ab. Klar, nachdem ja der Hundertfüßer sich dort häuslich eingerichtet hat…

kein Wasser

In Brickaville blinkt und blitzt eine nagelneue Duscharmatur, doch der Wasseranschluss ist noch nicht installiert. In Maroantsetra war das Wasser im Bungalow ausgefallen und in Andasibe duschte ich immer, wenn Wasser verfügbar war. Unterwegs, in kleinen Dörfern und im Regenwald gibt es die Eimerdusche oder das Waschen wird gleich an den Fluss verlegt. Das klingt malerisch, im Fluss im Regenwald zu baden. Nun – ja. Besonders, wenn der Fluss nur bis knapp ans Knie reicht und das Flussbett sandig ist. Da hält sich der Traumfaktor in Grenzen. Wahlweise können Flüsse in Wäldern auch ein schlammiges, von Wurzeln durchranktes Bett haben. Weich und matschig unter den Füßen und ocker-orangefarben auf der Haut.

zu viel Wasser

Dem „Tropical Dream“ am nächsten kamen meine Tage auf der Halbinsel Masoala, im Norden Madagaskars. Wundervoller Flachlandregenwald küsst den Indischen Ozean, oder so ähnlich. Ich bade im warmen Meer und schlendere danach auf Holzplankenwegen zu den kleinen Duschkabinen. Finde den passenden Hebel, um den Süßwasserregen in Gang zu setzen. Spüle das Salz von der Haut, greife nach dem Hebel, um den Wasserfluss zu stoppen. Tja – er stoppt nicht. Im Gegenteil, immer mehr Wasser strömt nach…

Worauf ich hinaus will?

Den tropischen Traum gibt es nicht. Zumindest nicht in der Form, in der ihn uns die Werbung verkaufen möchte. Nein, ich möchte auf keine meiner Erfahrungen in den Tropen verzichten. Wieder und wieder zieht es mich in die Regenwälder, ans Meer und an Flüsse. Weil ich mich dort draußen in der Natur und in mir zuhause fühle. Doch, wenn Schweiß, Sonnencreme und Mückenschutz sich auf der Haut mit Staub und Dreck verbinden, in kleinen Kratzern und den Augen brennen, wenn der Skolopender aus dem Abfluss kriecht und die Zecken sich in die Haut bohren wollen, ist der werbewirksame Traum weit weit weg. Dafür steigen meine Hochachtung und mein Respekt vor den Menschen, die in dieser Lebenswirklichkeit Tag für Tag leben mit jedem Tag, den ich hier verbringe.

Und jetzt? Hab ich genug vom tropischen Traum und freu ich mich auf eine warme Dusche und den Kokosduft. Am liebsten ohne große Versprechen.